Auf der anderen Seite des von Ihnen beschrittenen Pfads liegt zunächst das Beet mit der Bezeichnung Verstopfung (5). Diese Pflanzen und Sträucher lassen sich in drei Wirkungsgruppen einteilen:
dickdarmwirksame, wie
- Faulbaumrinde (Frangula alnus MILL.)
- Medizinal-Rhabarberwurzel (Rheum palmatum L.)
- Aloe Blattextrakt (Aloe ferox MILL.)
- Extrakt der Kreuzdornbeeren (Rhamnus carthaticus L.)
- Sennesblätter (Cassia angustifolia VAHL.). Als Droge werden Sennes-früchte und -blätter des in Indien angebauten Sennesstrauches verwendet. Bei uns ist er nicht kultivierbar.
- Schildförmiges Fußblatt, auch Maiapfel oder Entenfußwurzel genannt (Podophyllum peltatum L.). Dies ist eine hauptsächlich durch den Gehalt an Peltatinen drastisch wirkende Abführdroge, die heute nicht mehr verwendet wird. Aus dem Indischen Fußblatt (Podo-phyllum hexandrum ROYLE) werden Podophyllotoxine extrahiert und für die halb- synthetische Darstellung zyto-statisch wirksamer Substanzen verwendet, zum Beispiel von Etoposid und Teniposid.
In früheren Jahren wurden die dickdarmwirksamen Anthraglykosid-Drogen, wie Faulbaumrinde, Rhabarberwurzel, Aloeextrakt, Kreuzdornbeeren sowie Sennesblätter und -früchte, oft gewohnheitsmäßig eingenommen. Dies führt mitunter zu einem Teufelskreis der Abhängigkeit. Salz- (besonders Kalium) und Wasserverlust schwächen die Eigenleistung des Dickdarms von Mal zu Mal mehr und verleiten zu weiterer Einnahme der Abführmittel. Entzündungen im Darm können verschlimmert werden. Diese Drogen sollten nicht bei chronischer Verstopfung angewendet werden.
Deshalb ist heute nur eine kurzfristige Anwendung dieser Arzneipflanzen zulässig unter Beachtung der nicht erlaubten Anwendungen auf den Beipackzetteln der Medikamente. Im Handel erhält man jetzt mehrheitlich nur noch Präparate aus Sennesblättern und -früchten, von Ausnahmen abgesehen. Der schlechte Ruf dieser Arzneipflanzengruppe wegen möglicher krebserregender Eigenschaften ist zumindest bezüglich der Sennoside heute nicht mehr gerechtfertigt. Wie große Studien gezeigt haben, sollen Sennoside aus den Sennesblättern und -früchten weniger mutagen, kanzerogen und toxisch sein als die Anthrachinone von Rhabarber, Faulbaum und Aloe. Daraus folgt, dass die pflanzlichen Abführmittel gegenüber synthetischen Abführmitteln keine Vorteile haben und nicht weniger schädlich sind.
Neben der als Abführdroge verwendeten Kap-Aloe oder Curacao-Aloe wurde auch die überwiegend für kosmetische Zwecke verwendete Aloe vera angepflanzt, deren botanische Bezeichnung lautet: „Aloe Barbadensis Miller“. Sie ist keine Agave oder Kaktee, wie vielleicht der erste Eindruck ist, sondern ein Affodillgewächs. Weltweit gibt es etwa 500 verschiedene Aloe-Arten. Verwendet wird das aus dem Inneren der dicken, fleischigen Blätter gewonnene grüne Gel. Weiter ist sehr wichtig, dass die aus Plantagenanbau, zum Beispiel die auf den Kanarischen Inseln gewonnene Aloe-vera-Spezies einen relativ geringen Aloin/Anthrachinon-Anteil enthält, da von diesem, wie bereits erwähnt, die dickdarmerregende, abführende Wirkung ausgeht. Dieser Anteil, der sich unmittelbar unter der Blattoberfläche befindet, kann bei den heutigen Züchtungen sehr leicht vom Gel abgetrennt werden.
dünndarmwirksame Pflanzen, wie
Rizinus (Ricinus communis L.). Das aus den Samen kalt gepresste Öl wird als Abführmittel verwendet. Durch fettspaltende Enzyme (Pankreas-lipasen) wird im Dünndarm aus dem Öl die eigentlich wirksame Ricinolsäure freigesetzt. Es kommt zu einer brüsken Entleerung der Gallenblase und in deren Gefolge zu verstärkten Peristaltikkontraktionen des Dünndarms. Die Samen enthalten zwei hochgiftige Substanzen, die aber nicht Bestandteil des kalt gepressten Öls sind. Rizinusöl darf nicht bei entzündlichen Darmerkrankungen, Darmverschluss (Ileus) und Schwangerschaft eingesetzt werden.
Vorsicht! Rizinussamen sind sehr giftig!
Rizinusöl gilt nur als Hilfe bei akuter Verstopfung. An seine Stelle treten heute meistens synthetische Mittel wie zum Beispiel Macrogol-Lösung und andere auf PEG (Polyäthylenglykol) basierende Präparate. Mit diesen Mitteln ist eine ausgezeichnete Darmreinigung möglich, was vor Koloskopien (Darmspiegelung) von großer Bedeutung ist.
Nach heutigem Kenntnisstand ist eine strenge Trennung zwischen dünndarm- und dickdarmwirksam beim Rizinus nicht mehr gegeben.
Quellmittel, wie
- Echter Lein, Flachs [Leinsamen] (Linum usitatissimum L.)
- Indischer Flohsamen (Plantago ovata FORRSKAL.)
Quellmittel und schleimhaltige Pflanzen wie Leinsamen und Flohsamen sind im Allgemeinen unbedenklich, sofern diese mit ausreichend Wasser (besonders wichtig beim Flohsamen) eingenommen werden. Sie kleiden die Darmwände mit Schleim aus und bewirken eine Volumenvermehrung des Darminhalts und schützen so vor Entzündungen. Quellmittel und schleimhaltige Pflanzen sind nicht geeignet bei akuter Verstopfung.
Heute ist in breiten Bevölkerungskreisen bekannt, dass eine ballaststoffreiche Ernährung (Obst, Gemüse, Vollkornbrot) einer Verstopfung am besten (aber nicht immer) entgegenwirkt. Die individuelle Ursache einer Verstopfung ist oft wenig bekannt, liegt aber nach heutigem Kenntnisstand seltener in einer inadäquaten Lebensführung als gemeinhin unterstellt wird.
Koloquinte (Citrullus colocynthis (L.) SCHRAD.). Die Früchte der Koloquinte enthalten bis zu 3% Cucurbitacine. Diese führen zu einer sehr starken Reizwirkung auf die Schleimhäute des Magen- und Darmtraktes bis hin zu blutigen Durchfällen. Nierenschädigung und hämorrhagische Zystitis (blutige Blasenentzündung) sind möglich. Koloquintenfrüchte sind ein drastisches Abführmittel und wurden von der Kommision E des Bundesgesund-heitsamtes wegen der drastischen Eigenschaften abgelehnt. Inzwischen gibt es aber einen pharmakologisch und klinisch gut untersuchten Extrakt aus den Früchten. Das Bundesministerium für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erteilte eine rezeptpflichtige Zulassung zur kurzfristigen Anwendung bei Obstipation (Koloquinten-Essenz Bombastus®).
Die Früchte der Koloquinte sind giftig!