Miniatur-Nachbildung des mittelalterlichen Klostergartens von St. Gallen aus dem 9. Jahrhundert mit Anhangbeet für den Mönch Walahfrid Strabo

Eine klare Darstellung von einem Klostergarten ist ein um 825 n. Chr. entworfener Plan des Klosters St. Gallen von dem Benediktinermönch Eginhard. Dieser Entwurf kam zwar niemals zur Ausführung, zeigt aber zum ersten Mal eine genaue Einteilung des Gartens in

  • Arznei-und Kräutergarten mit 16 Beeten, auch Herbularius genannt,
  • der rechteckige Gemüsegarten „hortus“,
  • der Baum- und Obstgarten, der gleichzeitig Friedhof des Klosters war.

Wir haben versucht, den Arzneigarten des St. Gallener Klosterplans nachzubauen. Die Planzen der Beete sind alle auch in dem sogenannten „Capitulare de villis“ erwähnt, der etwa um das Jahr 795 n. Chr. entstandenen Landgüterverordnung Karls des Großen und Ludwig des Frommen. Capitularien waren die Herrschererlasse der fränkischen Könige.

Der Erlass ist vor dem Hintergrund der schrecklichen Hungersnot in den Jahren 792/793 zu sehen, die Karl den Großen veranlasste, eine Bewirtschaftsordnung auf allen Reichsgütern und Gutshöfen zu erlassen.

„Wir befehlen: In den Gärten der Krongüter und Reichshöfe soll man alle nachgenannten Pflanzen ziehen”, so beginnt Kapitel 70 des „Capitulare de villis“. Es wird nun verordnet der Anbau von 73 Nutzpflanzen (Gemüse, Küchenkräuter, Gewürz- und Heilpflanzen sowie die Anpflanzung von 14 Baumarten, die der Verwalter der kaiserlichen Güter in den Gärten vornehmen sollte.

Bald wetteifferten die Klostergärten mit den Krongütern, und die Pflanzen des Capitular wurden ebenso dort angepflanzt. So finden sich auch auf unserem von einer Buchsbaumhecke umgebenen Klostergartenbeet Pflanzen aus dem Capitulare de villis. Meistens waren jedoch die Beete der Klostergärten nur von Brettern umgeben.

Pflanzen aus dem Capitulare de villis:

  • Bockshornklee
  • Katzenminzes
  • Weißer Diptam
  • Poleiminze
  • Eberraute
  • Waldminze
  • Große Klette
  • Rainfarn
  • Färberröte Krapp
  • Essigrose
  • Kreuzkümmel
  • Muskateller-Salbei
  • Weiße Lilie
  • Deutsche Schwertlilie
  • Melone
  • Schwarzkümmel
  • Frauenminze
    (auch Marienblatt, Balsamkraut)
  • Gemeine Wegwarte

Bitte bedenken Sie,dass die Anwendungsgebiete auf den Pflanzenschildern nur noch historische Bedeutung haben und heute nicht wissenschaftlich belegt sind.

Nicht weit von St. Gallen, war 724 eine weitere Benediktinerabtei entstanden, nämlich auf der Insel Reichenau. Hier begegnet uns Walahfrid Strabo (808 – 849 n.Chr.), der als Abt der Benediktinerabtei Reichenau ganz offensichtlich inspiriert war von der Capitulare des villis; denn die Pflanzen, die er beschreibt, finden sich allesamt in der karolingischen Landgüterverordnung wieder. Strabo widmete sich diesen Pflanzen vor allem ihrer Heilkräfte wegen. Seine Erfahrungen, die er mit der Pflanzenwelt vor der Tür seiner Abtswohung macht, schreibt er in Versform nieder in seinem Buch über die Gartenkultur (Liber de cultura hortorum), das kurz in späteren Jahren der „Hortulus“ genannt wurde. Es ist ein botanisches wie literarisches Meisterwerk. So sagt er z.B. vom Fenchel: er lockere, so sagt man, die Blähung des Magens und fördere lösen alsbald den zaudernden Gang der lange verstopften Verdauung. Wir haben ihm ein kleines Beet gewidmet, direkt angelehnt an das Beet des Klostergarten St. Gallen.